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Später Brief

Liebe Marie Hüsing

Ich tu jetzt mal so, als würdest Du noch auf der Erde leben. Wenn es Jesus Christus wichtig ist, kann Er Dir meinen Dank an Dich irgendwie überbringen, denn Du bist vor bald 20 Jahren heimgegangen zu Ihm.

 

Als ich jung im Glauben war, begegnete ich Deinem mir bis heute kostbaren Gedicht-Büchlein „WOHL ABER VERTIEFEN“. Immer wieder, über alle Jahre hindurch, sind mir perlenartige Wortfragmente aus verschiedenen Gedichten aufs Herz gekommen, die mich ermutigten und stärkten. Bis heute. Teilweise kann ich ganze Strophen, manchmal sogar Gedichte rezitieren. So einprägsam und inhaltlich stark erfuhr ich sie. Manch eine Glaubensperle aus Deinem Herzen ist mir inwendig haften geblieben, teilweise wie ein Rettungsseil, das in geschwächter Lage neuen Mut und Kraft zum Weitergehen spendete. So zum Beispiel diese eine Strophe aus „Allein schon Sein Name“:

 

Allein schon Sein Name,

im Glauben gesprochen,

birgt in sich die Hilfe,

die vor Verzweiflung bewahrt.

 

Liebe Marie, Du kannst nicht ahnen, wieviel Trost und Licht diese Zeilen für mich waren in Phasen, da ich nahe am Verzweifeln war. Aber plötzlich leuchteten mir diese Worte, Sonnenstrahlen gleich, entgegen – und ich tat, wozu Du darin aufrufst. Meine Berufung als Mutter von vier angenommenen Kindern und unsere nicht einzuordnende Hausgeschichte wurden zu Grenzerfahrungen, in denen mir streckenweise Lebensmut, Lebensfreude und Lebenskraft abhanden gekommen sind. Aber da mittenhinein segnete mich Jesus Christus immer wieder mit Texten aus Deiner Feder, Deinem Herzen. Dafür sage ich Dir herzhaft, wenn auch reichlich verspätet, DANKE!

 

Kürzlich studierte ich wieder an einer ermutigenden Textstelle herum, deren Inhalt ungerufen aus den Tiefen meiner Seele hochkraxelte. Wohl, weil ich gerade dabei bin, nach umfassender Lebenskrise wieder festen Boden unter die Füsse zu bekommen. Kam mit dem grenzenlosen Leid, in das so viele Menschen zwischen 0 bis 100 gestürzt werden - oder sich selber hineinstürzen - nicht mehr klar, sah bald nur noch das. Gefangene eines destruktiven Fokus'. Und dann die Erinnerung an das, was Du weißt – und was Du nicht weißt, liebe Marie! In diesem Gedicht zeigst Du ÜBER meinen Schmerz, ÜBER meine Ängste hinaus. Das ahnte ich wieder. Ich suchte und fand es:

 

Was ich weiss – und was ich nicht weiss

 

Ich weiss es nicht, wozu dich Gott lässt leiden

und warum Er dein Beten nicht erhört.

 

Ich weiss es nicht, warum das falsche Leuchten

der Menschen Herz noch immerdar betört.

 

Auch weiss ich nicht, warum die Katastrophen

kein Ende nehmen und auch nicht die Not,

 

warum die einen hier in Fülle leben

und lassen andre bitter schrein nach Brot.

 

Ich weiss auf viele Fragen keine Antwort.

Nur eines weiss ich: Jesus Christus lebt,

 

wer Ihm vertraut, sich fest mit Ihm verbündet,

der kommt ans Ziel, auch wenn das Herz ihm bebt.

 

Vielleicht erscheint dir das als Trost zu billig,

zu wenig für die grosse Leidensflut,

 

die deine kleine Insel überspülte.

Ich achte das, und ich versteh dich gut.

 

Mit ungelösten Fragen froh zu leben,

das ist nur möglich, weil es Einen gibt,

 

der Seinen Sohn für diese Welt liess sterben,

weil Er die Welt – und dich und mich geliebt.

 

Marie Hüsing

 

Wenn ich das Gedicht in Zeitlupe lese ist mir, als sei ich mitten im trostreichen Gespräch mit Dir, einer leidgeprüften Frau und Diakonisse, die bis zum Schluss dankbar und froh ihres Weges an Gottes Seite zog. Und heute hast Du mir ohne Dein Wissen geholfen, ganz neu JA zu sagen zur grossen Zerbrochenheit unserer Menschheit und Welt. Hast mir neu klargemacht, dass ich an Jesu Seite froh sein kann, OHNE Leid und Nöte zu verdrängen, denn so zweckoptimistisch könnte ich nicht leben. Es wäre Betrug. Hast mich mit dem Herzen neu fassen gelehrt, dass es völlig genügt, mir an jedem Tag neu zeigen zu lassen, an welchen Nöten Jesus Christus mich mit Ihm zusammen einsetzen möchte - genauso, wo nicht. Dazu brauche ich not-wendig das sensible Hören auf die leise Stimme Seines Geistes – und natürlich eine gehorsame Herzenshaltung. Um diese Gnade bitte ich.

 

Habe kürzlich in „Wikipedia“ einiges zu Deinem Leben gelesen und war betroffen, wie früh Du extremen Gegenwind im Leben erfahren musstest. Schon im Kindesalter erfuhrst Du, dass es auf viele Fragen keine sinnhafte Antwort gibt. Musstest Verantwortung übernehmen, die eigentlich nicht für Kinder gedacht wäre. Hast als Deutsche zwei Weltkriege erlebt und Dich trotz viel erlittenem Leid für ein Leben in Dankbarkeit und Vertrauen Gott gegenüber entschieden und wirkst gerade dadurch weiterhin stärkend, segnend in diese Welt hinein. Ich freu mich mächtig dran! Freue mich für jeden Menschen, der Deinen Texten mit offenem Herzen begegnet.

 

Liebe Marie, mir ist heute zum ersten Mal so richtig bewusst geworden, wie sehr Du mich durch Deine Texte in meinem innersten Kern geprägt und gestärkt hast! Ja, ich lebe seit Jahren mit Deinen gewichtigen Worten, lebe aus ihnen. Es ist NAHRUNG, DIE AUS DEM HIMMEL KOMMT. Dadurch wirkst Du in dieser leidvollen Welt weit über Deine Erdenzeit hinaus so viel Segen. Was für eine Gnade! Wenn das geschehen darf, ist ein Leben REICH ERFÜLLT! In diese Richtung möchte ich auch vorstossen. Möchte Segensspuren ziehen mit meinem Sein, meinen Gaben, inklusive meiner Grenzen, nach jenem Plan und jenen Gedanken, die mein Vater im Himmel über mir hat. So eine Lebensspur segnet, befriedet. Andere Menschen genauso, wie mich selbst. Dazu lebe ich. Du bist mir mutmachendes Vorbild dazu. Mit Worten zu danken, scheint mir zu einfach. Ich wünsche mir, es mit meinem Leben zu tun, himmelwärts.

 

Weißt Du was? Du könntest meine Grossmutter sein! Kamst ein Jahr nach meiner Oma zur Welt, gingst ein Jahr nach ihr heim. Meine andere Grossmutter kannte ich nie. Aber Du bist auf stille Weise meine mich stärkende, prägende „Glaubens-Oma“ geworden …

 

Mit sehr herzlichen, lieben GeDANKen

Katharina.

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