· 

Zu Maries Gedicht

Das Gedicht von Montag hat mich dieses Frühjahr am Ende meiner bisher wohl tiefsten und längsten Lebenskriese erreicht. Gerade rechtzeitig. Als ich bereits am Einüben der Dankbarkeitshaltung war.

 

Über viele Monate hielt ich nichts an Leid mehr aus. Sei es fremdes oder eigenes. Ich fühlte mich aus vielen Gründen total leidsatt oder „überleidet“. Konnte weder Bücher lesen, noch mir Filme anschauen, weil auch darin meist vom komplexen, schweren Leben die Rede ist. Meine Krux war, nicht mehr zu wissen, wie ich in all den vielen Lasten meiner nahen und fernen Welt überhaupt noch mit Grund aufrichtig froh sein kann, wenn ich authentisch bleiben will? Froh sein, weil ich ausklammere, was zerbrochen, was leidgeprägt ist - das geht und ging für mich schlicht nicht. Von Kind auf wollte ich mich nicht in eine Scheinwelt flüchten. Lieber dem Leben so ins Angesicht sehen, wie es sich mir bietet.

 

Dabei war mir zutiefst klar, dass ich doch als eine, die in Jesu Fussstapfen gehen möchte, gerade auch dazu in dieser Welt bin, um Leid mittragen und lindern zu helfen, wo immer es mein Coach sich von mir wünscht. Es ging nicht mehr. Bin fast verzweifelt an mir - nicht an Gott. Es war mir klar: das Leck musste auf meiner Seite liegen. Aber wo? Wie war es zu beheben?

 

Bin unbeschreiblich dankbar, dass Jesus mir enorm barmherzig und unglaublich hilfreich entgegen kam, mir jenen Weg der Dankbarkeitshaltung gezeigt hat, durch den mein inneres (und daher auch äusseres) Leben eine neue, andere, deutlich bessere Kurve findet. Im Frühling sass ich noch einmal schrecklich im düsteren Seelenloch. Seither nicht mehr. GNADE! Trotz der verrückten weltpolitischen Entwicklung, trotz der wahnsinnigen Ebola-Epidemie usw. geht es mir in meinem innersten Kern gut - durch IHN! Nicht weil dadurch die angesprochenen Weltnöte geringer wären. Nein! Aber weil ich durch die neu gefundene Freude an unserem souveränen Gott mit innerer Stärke beschenkt werde, die mir tragen und ertragen hilft. Gnade!

 

Und dann begegnete ich wieder einmal Marie Hüsings Gedicht „So viele liebe Dinge“. Die vierte Strophe erlebte ich wie einen festen, herzlichen Händedruck Gottes, der mir zusicherte: „Es gibt einen Weg durch diese Erdenzeit, auf dem du das Schwere anschauen kannst und dabei nicht verzweifeln musst.“

 

Du brauchst den Blick nicht zu verschliessen

vor all den Nöten dieser Welt,

wenn du willst dankbar das geniessen,

was Gott dir gab und noch erhält.

 

Das Gedicht "meiner" lieben Marie wurde zu unbeschreiblichem Seelenbalsam für mich. Weil es klar den Weg zeigt, wie inmitten von Lasten und grossem LeidDankbarkeit und Freude dennoch zu leben, aufrichtig zu leben sind. Vorausgesetzt, es gelingt mir zu unterscheiden  - und richtig zu fokussieren - zwischen der zerbrechlichen Horizontalen des Lebens (all das, was auf dieser Erde in Nah und Fern passiert) und der unverbrüchlich standhaften, hoffnungsträchtigen Vertikalen, die zum Himmel, ins Herz von Jesus Christus weist, aus dem heraus mir all das zufliesst, was mich fähig und stark macht, mit Zerbrochenheit nach und nach und immer wieder neu Frieden zu schliessen.

 

Weil ER über allem steht und alles, was zerbrochen war, heute zerbrochen wird und morgen noch zerbrochen werden wird (nicht durch Ihn, sondern durch uns Menschen und Seinen Gegenspieler), bezahlt und unbeschreiblich gelitten hat am Kreuz von Golgatha. Dieses einzigartige Kreuz - das aus einemhorizontalen und einem vertikalen Balken besteht ... Was wirklich zählt und bleibt, in Ewigkeit - ist die Vertikale! Aus ihr heraus fliesst mir von Jesus Christus her jene Kraft in meine Schwachheit zu, die ich auf meinem Erdenweg dringend nötig und wohl immer nötiger habe, wenn ich an Not und Leid nicht verzweifeln und es nicht verdrängen will.

 

Je besser oder treuer es mir gelingt, meinen Herzensfokus auf die Vertikale, auf Jesus Christus zu richten, meine Freundschaft mit Ihm zu pflegen, desto fähiger wird Er mich machen, meine kleine und grosse  Welt so zu sehen wie sie ist und nicht an ihrer Verrücktheit und Ver-rücktheit zugrunde zu gehen. Weil Er die Quelle meiner Freude und meine Stärke ist und bleiben will. Freude an Ihm ist allzeit möglich. An Seinem Entscheid wird sich nie was ändern. Höchstens an meinem. Davor möge Er mich bewahren.

 

Auch bis in euer Alter bin ich derselbe, und ich will euch tragen, bis ihr grau werdet. Ich habe es getan; ich will heben und tragen und erretten.

Jesaja 46/4  (Lutherbibel 1984)

 

Bei Ihm werde ich es nie und nimmer mit Zerbrochenheit zu tun haben. Er, der einzig Vollkommene, Ganze. Er liess sich schuldlos brechen, damals vor gut 2000 Jahren, auch für mich. Grauenhaft. Doch Seine Auferstehung ist bis heute Beweis für Seinen Sieg über dem Tod und allem, was düster und völlig verrückt ist. In diesen Auferstehungssegen kommt jeder Mensch, der Hand in Hand mit Ihm durchs Leben geht. Gnade. Ich erfahre es als ein immer wieder neues Suchen und Finden. Ein Prozess, der zeitlebens nie abgeschlossen und auch nicht unbedingt einfach – aber äusserst lohnend und ebenso spannend und zuinnerst tragend ist! Gnade.

 

Ja, in allen Wildheiten meines Lebens ist Er derjenige, der mich trägt - und wenn ich falle, wieder aufrichtet. Äusserlich und innerlich. Auf Ihn ist absolut Verlass. DANKE.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0