„Bist du wirklich sicher, dass Edinburgh am Wochenende dran ist für dich?“
Mit dieser Frage wurde ich am Montagabend - nach einem innerlich recht gestressten Tag - in der Badewanne überrumpelt. Es war eine totale Überraschung für mich! Ebenso meine sekundenschnelle Antwort dieser lautlosen Stimme gegenüber:
„Nein, eigentlich nicht! Im Gegenteil. Kommt mir vor, als würde ich im Düsenjet in die Adventszeit fliegen … Mag ich gar nicht. Besonders jetzt, da manch Intensives inner- und ausserfamilär über die Bühne meines kleinen Lebens ging.“
„Also“, meldete sich mein innerer Kompass wieder, „was folgerst du daraus?“ Eine Herausforderung, die mir keine Minute Gedankenarbeit bescherte:
„Keine Frage, ich lasse das Fliegen nach Edinburgh fallen und such mir stattdessen einen Pferdeschlitten, mit dem ich ganz gemütlich Richtung Advent traben kann …!“ So unkompliziert kann Leben sein. Und mit einem Schlag fing es in mir zu wohlen an! Was für ein Geschenk, einen solchen Kompass zu haben! Ohne Ihn würde ich viel mehr kopflose Entscheidungen treffen. Nein, natürlich ist eine Reise nach Edinburgh nichts Kopfloses. Aber in meinen aktuellen Umständen wäre es das.
Ja, eigentlich wäre ich jetzt am Packen für diese im Grunde sehr schöne und vielversprechende Reise. Zusammen mit den rundum sympathischen Ladies und dem Lehrer unseres Englischkurses, planten wir dieses verlängerte Wochenende bereits im September. Ich freute mich sehr darauf, die flotten Frauen näher kennenzulernen, gemeinsam in Englisch zu kommunizieren, Sehenswertes in dieser spannenden schottischen Stadt zu besichtigen, ein paar Einkäufe zu tätigen (children-books and christmas-cards for example!), gemeinsam zu essen und anderes mehr. Und plötzlich platzte obige Frage mitten in den Raum meines Herzens, nachdem ich im Blick auf diesen Trip immer unlustiger geworden war.
Zur Zeit sehnt sich in mir alles nach Beschaulichkeit, SLOW DOWN, wenig äusserer Bewegung, viel innerer Sammlung – der Aufenthalt in Edinburgh hätte mich zum Gegenteil eingeladen, was mich zum gehetzten Reh gemacht hätte. In diesem Zustand kann ich ziemlich ungeniessbar werden … Verlöre Kräfte, die ich einfach schützen will. Mir und anderen Menschen zuliebe.
Spannend, da freut man sich über Wochen auf einen speziellen Event – und kurz davor fällt einem eine Last vom Herzen, wenn man exakt diesen fallengelassen hat. Nicht gerade eine alltägliche Erfahrung für mich. Sprunghaftigkeit gehört nicht wirklich zu meiner Person. Doch alles hat seine/Seine Zeit. Reisen und zuhause bleiben. Aufregendes und Beruhigendes. Für mich wird immer wichtiger, diese Zeiten zu erkennen und mich beherzt darauf einzustellen. So legt sich tiefer Friede in mein Herz. Danach sehnt es mich.
FREIHEIT IST DIE FÄHIGKEIT, AUF DIE MÖGLICHKEIT ZU VERZICHTEN
Rudolf Seiss
Wünsche „meinen“ Ladies und unserem Teacher von ganzem Herzen eine megatolle, frohe und spannende Zeit zusammen in Edinburgh! Enjoy it, it's a very pretty town! Grüsst „Greyfriars Bobby“ gar herzlich von mir! Und bleibt in der Luft und an Land behütet!
Seid unbesorgt: Ich bin glücklich, noch rechtzeitig die nötige Handbremse gezogen zu haben. Werde in Gedanken bei Euch sein. Habe den Schlitten bereits bestellt, der mich gemächlich in den Advent geleiten wird …
Kommentar schreiben