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lange Flugreise

Im Flug nach Doha, KATHAR

 

Was ein Reisegrünschnabel erfährt

 

Hat sich die Sonne bereits die Schlafmütze übergestülpt? Es wird dunkel im Flieger. 11.25 Uhr! Vor kurzem haben wir abgehoben. Ach so: Movie-time! Dabei hab ich mich auf Lesen eingestellt ... Über mir kein Leselicht in Sicht. Platz direkt am Korridor. Sitze wie ein irritiertes Ämmitaler-Müeti im Dunkeln und denke nach:

 

Ja, lang ist's her seit meinem letzten Langstreckenflug! Gewiss 30 Jahre. Zielort AFRIKA, wie jetzt. Damals Kamerun. Heute UGANDA. Zwischenstation im arabischen Emeriat KATHAR. Zweidrittel meines Vornamens - soviel ist jedenfalls vertraut. Immerhin. Damals flog man noch bei Tageslicht, wenn's Tag war. Was ja im Grunde normal ist. Las oder schwatzte sich durch die Flugzeit. Bestaunte von Zeit zu Zeit die Welt von oben, was ja nichts Alltägliches ist! Schwatzte nicht mit sich selbst. Und Nachdenken war auch sehr wertvoll. Nirgends erlebe ich Nachdenken so unverkrampft-beschaulich und gelassen wie im Flugzeug. Ja, über den Wolken ... Kann hier nichts anderes machen - als Fliegen. Keine Wäsche, die mich kümmert, keine Mailflut, die beantwortet werden sollte, kein Hund der Gassi geführt werden will. Jetzt ist nur Fliegen dran. Von A nach B. Geschenkte Nachdenkzeit. Doch ich bin hier umgeben von lauter Zapperphilipps und Zapperphilippas. Dass sich daraus mitunter auch Zappelphilipps und Co. entwickeln, wen wundert’s? Schweigend ist der Grossteil der Gesellschaft in ihren einsamen Movie vertieft. Individuell ausgewählt, wie ich bei andern gesehen habe. Aus einer Flut von Angeboten natürlich. So luxuriös, technisch jedenfalls, fliege ich Afrika wärts ... Jeder Passagier vor seinem eigenen Kleinkino. Verrückt, wenn nicht gar verschoben. Fragt sich nur was? Ja, was für Quantensprünge mach ich da!? Und wie gern würde ich jetzt die Welt von oben sehen - oder den Himmel, der mich umgibt. So nah dran bin ich selten. Jedenfalls äusserlich. Heute chancenlos! Sitze mitten in Glotzophonien ... Nicht, dass ich nie einen Film geniessen würde. Zählt auch zu meinen Lebensfreuden. Doch das Bild, das sich mir hier bietet - es beschäftigt mich. 

 

Eben kam eine charmante Hostess vorbei. Auch mit einem Angebot, einem kulinarischen, das ich in beschriebener Dunkelheit kaum identifizieren kann. Dem sich verbreitenden Knistern und Duft entsprechend, tippe ich auf Chips. So orientieren sich Blinde, von denen es in Afrika viele gibt. - Oh, jemand hat seine Luke geöffnet. Herrlich, wie draussen die Sonne lacht! Wunderbar, dass sich noch jemand für die sichtbare Realität, durch die wir fliegen, von der ich leider kaum was mitbekomme, interessiert! Und was für ein Bild der Ermutigung, wie ein einziger Lukenlichtstrahl die ganze Flugzeug-Atmosphäre erhellt und freundlicher machen kann! Das berühmte Licht im Dunkel, das mich immer wieder neu fasziniert, weil es definitiv stärker ist als Dunkelheit!

 

What a crazy Society: will entweder keinen Film verpassen - oder weiss mit sich, ihrem Nächsten, der Umgegung, in der sie sich befindet, nichts anzufangen - oder kurzum mit der Zeit, die ihr geschenkt ist? Verzappt sich durch x Filme, zerzappt dabei das Leben und geht dann ziemlich leer an Leben aus, fürchte ich. Was allerdings nur jene Menschen festzustellen vermögen, die vom lebendiger machenden Leben schon mal geschmeckt haben. Mit dem Herzen zuerst - vor dem Verstand. Auch die noch, in denen sich Sehnsucht meldet nach mehr, als Stunden und Tage abzuzappen. Dies, so denke ich, nennt man Gnade.

 

Je länger ich drüber nachdenke: Alles Lebendige, Geschaffene, noch nicht durch Menschenhand Entstellte ist es wohl, das uns im tiefsten Innern lebendig zu machen vermag. Alle Fälschungen sind Flachland dagegen. Sah heute ein paar Sequenzen Trickfilme mit verzerrten Gestalten. Dem von Gott geschaffenen Menschen mondweit entfernt! Warum nur zieht solches so viele Menschen an? Gerade fallen mir die jungen Kätzchen ein, die ich daheim zurücklassen musste. Sechs Wochen alt. Und wenn HERZEN Dosen wären - dann wäre jedes kleine Wesen dieses Sextetts - ein Herzen verändernder Dosenöffner, der lebendig macht. Bis ins Innerste erfrischt und erfreut! Oder ich denke an den Tag im Zoo, den wir kürzlich mit einer afghanischen Flüchtlingsfamilie verbrachten. Auch diese Zeit stärkte diese tiefe innere Ahnung, dass es wesentlich das von Gott Erschaffene ist, das uns lebendig macht, uns staunen lehrt und dankbar stimmt. Alle noch so leidenschaftlich versuchten Kopien sind ein Klacks dagegen!

 

Da mir auf dieser Flugreise ein portables Leselämpchen fehlt (das Nächste, was ich mir anschaffen werde ...), fing ich nach intensiver Nachdenkrunde auf meinem i-phone zu schreiben an. Hier fehlt es nicht an Licht. Bekomme genausoviel, wie ich brauche.  Umständlich tippe ich Buchstabe um Buchstabe auf der neu entdeckten Seite "Pages" ein. Dauert eine halbe Ewigkeit. Egal. Wovon ich hier ganz viel habe, ist Zeit. Zeit zum Beobachten, Nachdenken, Schreiben und sogar für ein Geduldstraining ... Abends, im Hotelzimmer, will ich es dann auf meinen Blog übertragen.

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