Angekommen
Gerade lief mir Mildred über den Weg. Eine wunderhübsche junge Afrikanerin, deren Schönheit mir am Abend meiner Ankunft während der Anbetungszeit so richtig entgegenstrahlte. Sie stand mitten im Kreis der Anwesenden, direkt vor mir und leitete uns durch den Lobpreis-Abend. Augen zu, Gesicht leicht nach oben gerichtet, Hände gefaltet. Von bezauberndem Strahlen umrahmt. Nichts wirkte aufgesetzt, erlernt, kopiert. Sie stimmte immer wieder ein Lied an, Englisch oder in Luganda. In wohltuender Natürlichkeit. Und dann erklang ein voller, herzhafter Gesang schönlauter Stimmen von Schwarz und Weiss. Ein Stück Himmel berührte die Erde. Mir kamen Tränen der Ergriffenheit, Freude und tiefer Dankbarkeit. Was für ein Vorrecht, hier sein zu dürfen, für vier Wochen zu dieser Gemeinschaft zu gehören. Zur Gemeinschaft der Gästehaus-Cew hier oben auf dem „Prayer Mountain“ von „Vison for Africa“.
Rund 40 Leute arbeiten hier in diesem besonderen Haus, in welchem Lachen, Loben und Danken auf der täglichen Menukarte stehn. Sie vertuschen ihre Schmerzen und Tränen nicht, die fröhlichen Afrikaner. Gerade das macht sie so echt und bringt sie mir sehr nah. Doch blicken sie immer wieder in vorbildlicher Konsequenz nach oben, zu Dem, der über allen Schmerzen steht. Eindrücklich, die Lebensberichte verschiedener Mitarbeiter, an denen sie uns gestern Morgen in der Andacht frisch und frei teilhaben liessen. Selbstverständlich umrahmt von herzberührendem Gesang. Wie ich es liebe, das von Lebensfreude begleitete Leuchten in vielen der anwesenden Augenpaare! Es lockt mich sehr zu vernehmen, was sich hinter ihren Gesichtern für Geschichten verbergen ... Ich ahne, dass manches dabei ist, wodurch Augen und Herz ganz leicht hätte matt, die Seele bitter werden können – ohne den Beistand unseres dreieinigen Gottes!
Papa John fiel mir schon am ersten Abend auf. Er kam auf mich zu um mich herzlichst zu begrüssen. Scheint hier das Selbstverständlichste zu sein. So eine Milde, so ein Leuchten, das aus seinen Augen springt! Er lebt schon ein paar Jahre hier oben. Steigt aber sehr viel hinunter – zu Kranken und Gefangenen, die er besucht und ihnen jene Barmherzigkeit, Würde und Zeit schenkt, von der Jesus in Matthäus 25 spricht. Gestern, so erzählte man mir, sei er zu einer sehr komplizierten Geburt gerufen worden, bei der die Mutter schliesslich gestorben sei. Und abends gleichwohl dieses Leuchten! Nicht weil er diesen Tod als Freude bezeichnen würde. Nein! Vielmehr, weil trotz viel Tragik des Lebens, die uns zwischen Geburt und letztem Lebenstag begegnet, Glaube, Hoffnung und Liebe aus der Vertikalen da sind, die grösser und machtvoller sind, als alles Leid auf Erden. Die allein die Kraft in sich tragen und uns sein wollen, dennoch Lebensmut und Lebensfreude nicht zu verlieren. Weil die Freude des Lebens an der Wurzel nicht in Dingen und Ereignissen des Lebens liegt – sondern im Leben selbst, das einen Namen hat: Jesus Christus. „Ich bin das Leben“, sagt Er selbst in Johannes 14. Ja, die Freude am HERRN ist Papa Johns Stärke und Lebensmotor. Sie spiegelt sich klar in seinen Augen wider. Was für eine Bereicherung, solchen Menschen begegnen und sie näher kennenlernen zu dürfen.
Worüber ich mich besonders freue: Es arbeiten auf dem Prayer Mountain mehr Schwarze als Weisse, denn ein wichtiges Ziel der Gründerin, Maria Prean, ist Ermutigung und Anleitung der Afrikaner, auf dass sie so viel wie möglich selber gestalten und übernehmen lernen können. Solche Leiterschaft ist mir Vorbild.
Eine Schweizerin führte mich durch die ganze Gegend hier oberhalb von "Lake Victoria". Ein besonderer Ort, an dem ich für vier Wochen leben darf. Erlebe ihn geografisch genauso besonders, wie auch von Mensch zu Mensch!
Martha, eine junge Afrikanerin, in Hotelküche und Haushalt tätig, war die Erste des Teams, die mich am Tag meiner Ankunft freudestrahlend begrüsste. Eine Miezekatze strich ihr um die Beine. Herzlicher und gleichzeitig echt, geht’s fast nicht mehr. Es war als würde mich Martha (und Mieze) längst kennen. Nein, fremd fühle ich mich hier gar nicht. Unter den Afrikanern bin ich sehr zuhause. Natürlich, der selbe Gott, dem wir gehören, macht aus unterschiedlichsten Menschen und Nationalitäten Familie. Erfahrbares, grosses Geheimnis Gottes, das jedem offensteht.
Ich sitze auf einem Betonsofa im nahe gelegenen Nadelwald. Alles wartet und hofft auf Regen. Viele Gebete steigen deshalb zum Himmel. Von weither höre ich fröhlichen Menschengesang. Mag sein, dass am See unten schon Regen angekommen ist ... Gerade wurde zum Nachtessen gerufen. Ich freue mich, wieder mitten unter der Prayer Mountain Familie zu sein und sie näher kennen zu lernen. Oh, jetzt kommt sogar eine Schweizer Kuhglocke zum Einsatz, die ihre Kühe – oder sind es eher Schafe – hin zum gedeckten Tisch sammeln will ...
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