Mein lieber Vater im Himmel
Ich danke Dir von ganzem Herzen für alles Bewegende, was ich hier in Uganda erleben darf. Äusserlich wie innerlich. Es ist viel. Danke von Herzen für die geschenkte Zeit, einfach hier in Uganda sein zu können. Weit weg vom Treiben des heimatlichen Alltagslebens. Ich lobe Deinen Namen, Deine Kraft, Deine Treue und Gnade, von der ich im Werk von „Vision for Africa“ gar viel erkennen kann. Und in dieser kurzen Zeit meines Aufenthaltes entdecke ich gewiss nur eine dünne Brotscheibe des ganzen Brotlaibes. Ich segne dieses Werk und jeden einzelnen Mitarbeiter in Deinem Namen und bitte Dich innigst darum, dass Du dem Kopf des Werkes überschwänglich viel Gnade zur rechten Demut vor Dir und Menschen schenken mögest. Täglich neu.
HERR Jesus Christus, ich freue mich für jedes einzelne Menschenkind, das seit mehr als 10 Jahren durch dieses Werk Lebenshoffnung, Lebensfreude, Lebenssinn erfährt, vor einer Zukunft steht, für die es sich zu leben lohnt. Von Herzen freue ich mich für jedes einzelne Menschenkind, das durch dieses Werk in Dir den Fels des Lebens entdeckt hat und weiter entdeckt. Den Gott der Rettung und Heilung. Den Gott der Erlösung und des Lebens in Ewigkeit. Danke HERR für die unfassbar Vielen, die Dich schon gefunden haben und im Vertrauen zu Dir wachsen und reifen.
Es ist ein Geschenk für mich, hier oben auf dem Prayer Mountain einer rund 30-köpfigen, mehrheitlich afrikanischen Crew zu begegnen, deren Glaube an Dich mir in vieler Hinsicht Vorbild ist. Die Einfachheit ihres Glaubens, vielleicht ist es viel eher Unmittelbarkeit, die sie ausstrahlen, berührt mich sehr. Ihr Herz, so erlebe ich es oft, ist ohne Zwischenstation über den Verstand unmittelbar mit Deinem Herzen verbunden. So nehme ich das wahr. Ganz ähnlich wie zuhause bei Sister, von der ich schon viel gelernt habe! Dieser unverkopfte Glaube, das ist der Afrikaner Stärke und ein Vorbild für mich. Ich erlebe hier jeden Tag: Daraus erwächst ihnen Kraft, Standfestigkeit, Freude, Friede, Lachen und ganz viel Dankbarkeit.
Ja, Dankbarkeit – ich stehe beschämt neben „meinen“ Afrikanern, wenn ich erlebe, wofür sie alles tief dankbar sind. Ungeheuchelt, echt. Angefangen bei der einfachen und doch grossen Freude, am neuen Tag wieder aufstehen, das Bett gesund verlassen zu können ...
Als ich heute der Küchenmannschaft beim Morgenabwasch half, strahlte Eve mich an und meinte freudig staunend:
„Katharina, today you are stronger than yesterday – praise the LORD!“
Ich kämpfe ja seit bald zwei Wochen erneut gegen eine heftige Erkältungsgrippe, die nur sehr träge Fortschritte macht. Eve aber hat einen Unterschied zu gestern festgestellt, mich angestrahlt, Dich dafür gelobt und gleich ein Dankeslied angestimmt. Ganz natürlich und sehr liebevoll ... DANKE HERR!
Vieles, wofür meine Afrikaner Dir z.B. in den Morgenandachten danken, nehme ich seit Jahrzehnten für selbstverständlich hin ... War immer so, kenne nichts anderes – und achte es nicht Wert genug, Dir, meinem Gott und sehr treuen Versorger täglich neu herzhaft DANKE dafür zu sagen! Ja, bei den Afrikanern machst Du mir tief bewusst, was für eine ausgegorene Form von Undankbarkeit das selbstverständliche Hinnehmen von viel Angenehmem doch ist. Ich erschrecke über mich selbst. Hoffentlich heilsam. Es ist mein tiefer Wunsch, dass Du HERR mein Herz weiter reinigst, mir die Herzensaugen öffnest für das viele Gute, Segensreiche, das ich bis heute viel zu selbstverständlich angenommen habe. Es tut mir von Herzen leid. Ich wünsche mir sehr, einen immer dankbareren Kurs durchs Leben zu wählen. Dich hinter allem, was mich irgendwie segnet – Schweres inbegriffen – zu erkennen als Den, der mein Leben trägt, beschenkt und in Kontrolle hat. Die einzige Kontrolle, der wir Menschen ausgesetzt sein können, die nicht einengt, nichts zerstört – weil die tiefe Wurzel Deiner Sorte von Kontrolle unvorstellbare Liebe ist, die nur das für uns, Deine Kinder, sucht, was uns förderlich ist. Wir können es anzweifeln, ja, und zurückweisen. Mit Vorteil tun wir es nicht. Doch Du zwingst uns zu nichts. Du bist Liebe, die sich ohne jede Forderung und Berechnung (Rechnen ist Sache des Verstandes) für uns voll und ganz hingegeben hat, damit es für uns Menschen überhaupt möglich werden konnte, in den Genuss Deiner Fürsorge, sinnträchtigen Lebensführung und ganz besonders Deiner Erlösung zu kommen. In Ewigkeit. Hab HERZlich Dank dafür!
Wie staune ich an den Morgenandachten! Jeden Tag leitet jemand aus der afrikanischen Crew den Lobpreisteil, ist nach afrikanischer Tradition Vorsänger der Gemeinschaft, die frisch und fröhlich ins angestimmte Lied einstimmt. Jemand anders hält die Andacht und eine dritte Person schliesst das Ganze mit Gebet ab und verdankt den Dienst der beiden andern auf sehr respektvolle, liebevolle und würdige Art. Wir Europäer sind vielleicht schnell geneigt, diese wunderbaren Menschen hier oben, die unkomplizierte Arbeiten verrichten, sehr treu, als einfache Gemüter zu bezeichnen. Vielleicht stehen wir sogar in Gefahr, ihre Einfachheit leise zu belächeln? Viel Verstand zu haben halten viele von uns, so vermute ich, für erstrebenswerter. Mir sind diese Jesus bekennenden Afrikaner in vielem echte, grosse Vorbilder. Bin nicht abgeneigt, noch etwas mehr in ihre beherzte Einfachheit hineinzuwachsen - auf Kosten des so sehr Verständig- und Vernünftigseins - durch die sie Dir, Vater im Himmel, innerlich wohl einiges näher stehen, als viele von uns Weissen.
Jeden Morgen bin ich neu beglückt zu erleben, wie sicher sie da vor uns stehen. Es sei beim Lobpreis leiten oder Andacht halten. Keiner und keine steht auch nur annähernd gebückt oder geduckt da vorne. Alle stehen sie kerzengerade da und teilen das, was ihr Herz voll macht, mit uns. Ich spüre, sie wissen sehr gut – tief innen vielleicht einiges besser als viele von meinesgleichen – wem sie gehören, wer Du Jesus für sie bist, was sie in Dir haben. Und davon haben sie viel zu verschenken. Das Austeilen scheint ihnen selbstverständlich zu sein. Schliesslich bist Du ihr Herzenskönig. Also soll mit der Freude an Dir und dem Dank an Dich der neue Tag beginnen - und nicht gespart werden. Was denn sonst? Sie leiten und managen so einen Morgenbeginn mit Leichtigkeit, ansteckender Freude – und Inhalt, der uns Kraft und Freude für den neuen Tag schenkt. Sicher die Hälfte der Gruppe stellt sich für Morgenandachten zur Verfügung. Sie müssen sich die Worte zum gewählten Bibeltext, über den sie reden möchten, nicht aus den Fingern saugen. Sie reden munter drauflos. Aber es ist nie hohles Geschwätz. Immer gepaart mit Leidenschaft für Dich. Nicht überschwänglich. Völlig auf dem Boden des realen Lebens. Ein Boden, der dieses trägt. Die Liebe zu Dir und ihre Dankbarkeit für Dich und Dein Wort kommt stets sehr klar zum Ausdruck, ja, purzelt aus ihren Augen heraus, oft begleitet von wunderbarem Lachen.
Heiland, ich wünschte mir, dass bei uns zuhause mal nur ein Viertel der Gemeindeglieder in solcher Freiheit, Standfestigkeit, Leidenschaft und Liebe zu Dir zu einem Bibeltext eine Andacht halten würde. Ganz selbstverständlich. Ohne Herzklopfen oder Beta-Blocker. So selbstverständlich eben, wie man sich vor dem Essen die Hände wäscht. So tun es meine lieben Afrikaner hier. Wie schnell sind wir zuhause dabei zu sagen: „Das kann ich nicht. Ist nicht meine Begabung.“ Ja, was machen wir denn mit diesem Wort von Jesus:
„Denn wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund!“
(Matthäus 12/34b)
Füllt sich das Herz nur bei den Redegewandten mit Freude, Liebe, Frieden, Leidenschaft, Dankbarkeit ...?
Auch das Argument: „Wir haben halt eine andere Kultur“, greift bei mir schon länger nicht mehr wirklich. Kann wie eine willkommene Rechtfertigung, um nicht zu sagen Ausrede klingen. Auch wenn es durchaus etwas Wahres dran hat. Ein Afrikaner ist kein Schweizer und Afrika ist nicht die Schweiz. Da gibt es unbegreiflich viele und grosse Unterschiede. Angefangen beim Klima. Frage mich bloss: Wie kommt es zu einer Kultur? War sie zuerst da – und können dann Menschen dieser Kultur gar nicht anders, als ihr unkreativ und unreflektiert zu folgen? Werden sie durch die Kultur festgelegt, in die sie hineingeboren werden? Ist Kultur eine Zwangsjacke? Oder könnte es auch sein, dass wir Menschen einiges dazu beitragen, eine Kultur festzulegen und zu prägen? Mit unseren 100'000 Entscheidungen in Familie, Politik, Schule, und Beruf? Entscheidungen des Verstandes und jenen des Herzens? Könnte es sein, dass sich eine Kultur – es sei eine nationale oder familiäre - in der mehr Verstandesentscheidungen getroffen werden, automatisch kühler, distanzierter entwickelt, als eine, in der die Entscheidungen des Herzens Priorität haben? Der Verstand dem Herzen untergeordnet ist? Mindestens dort, wo es um Beziehungen geht?
Bin überzeugt, wirtschaftlich bringt es eine Verstandeskultur einiges weiter als eine Herzenskultur. Afrika und Schweiz bestätigen das deutlich. Aber ist es das, was mich am Ende des Lebens am meisten erfüllt – es wirtschaftlich weit gebracht und ein äusserlich sehr angenehmes, recht leichtes Leben gehabt zu haben? Meine persönliche Antwort darauf lautet Nein, auch wenn mir klar ist, wie sehr auch ich manches aus unserem Wohlstandsland geniesse. Aber der Preis, den wir dafür bezahlen – ich finde ihn sehr, sehr hoch ... In meinem Herzen nehme ich ihn als zu hoch wahr. Der hohe Lebensstandard geht unter anderem auf Kosten von Beziehungspflege, was ich schon lange bedaure. Er geht zudem bei vielen Menschen, die voll in der Arbeitswelt stehen, nicht selten auf Kosten kostbarer Gesundheit. Herzinfarkt ist eine unserer Volkskrankheiten. Depressionen auch, aber darüber redet und schreibt man vielleicht etwas weniger offen.
Mir kommt seit langem das schöne Bild von „Haus und Garten“ in den Sinn. Ein Traum von vielen zuhause. Auch hier. Versteh ich auch. Die Freude, einen Garten zu gestalten – ich bin überzeugt, dies ist ein segensreiches Überbleibsel unserer tiefen Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies, was bestimmt nicht jeder Gartenliebhaber so wahrnimmt oder bestätigen würde. Vielleicht fehlt ihm die Zeit und Ruhe zu dieser Reflexion? Denn, bis dann mal Haus und vor allem der Garten bestellt sind, ist oft auch schon die noch zur Verfügung stehende Restzeit aufgebraucht, die doch eigentlich auch gerne fürs Geniessen des kleinen Paradieses vorgesehen wäre ... Es sei denn, man kann sich regelmässig einen Gärtner leisten. Das wird nicht der Masse aller Hausbesitzer möglich sein. Ja, oft schuften wir, bis alles fertig ist – fertig nach Schweizer Anspruch. Und schliesslich fehlt uns die Zeit zum Genuss. Die Zeit zum Sein. Zum Alleinsein oder Miteinandersein. Die Zeit zum bewussten Staunen über all die tausend Wunder im gepflegten Garten und der Natur überhaupt zum Beispiel – und dadurch auch die Zeit zum Danken. Staunen und Danken sind Zwillinge, die nie im Düsenjet unterwegs sind mit uns ... Staunen und Danken, das ist ohne Zeitinvestition nicht lebbar, der tiefe Wert und die Qualität davon nicht erfahrbar, wenn wir fast pausenlos durch's Leben hetzen. Staunen und Danken aber, Gott entgegen, davon bin ich überzeugt, wären tragende und kraftspendende Säulen unseres Lebens. Darin, so vermute ich sehr, sind wir Westeuropäer durchschnittlich betrachtet definitiv zu ungeübt.
So ungefähr nehme ich das Treiben in unserer Kultur der allgemeinen Tendenz nach wahr. Sie kostet uns viel, unsere äusserlich hochstehende Kultur. Aber wenn wir besser und bewusster lernen, mit den Herzensaugen auf unser Leben und alles um uns herum zu sehen, so wie Du Herr Jesus Christus das tust – dann läge doch gewiss auch bei uns zuhause noch etwas mehr beziehungsfördernde Veränderung drin ... In Beziehung zu Dir genauso, wie zu Deinen Menschen. Nicht, ohne gewisse Dinge oder Themen loszulassen, die bisher wohl zuviel Platz in unserem Alltag, unserem Kopf oder Herzen beanspruchten. Kyrie eleison. Wir brauchen Deine zurechtbringende Hilfe. Amen.
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