Jetzt gibt’s Betrieb auf dem Prayer Mountain! Eine grössere Gruppe Afrikanerinnen ist gestern auf’s Mittagessen bei uns angekommen. Sie bleiben bis Samstag. Die Crew hier ist nun stark gefordert, aber alle Mitarbeitenden tun ihr Werk auch jetzt singend und lachend. Vor dem regelmässig sehr schmackhaften Essen sammeln wir uns immer um den langen gedeckten Tisch herum und singen gemeinsam ein Dankeslied. Eine sehr schöne, verbindende Tradition hier. Als ich gestern Abend vor dem Essen auf eine edel gekleidete Afrikanerin meines Alters zusteuerte, strahlte sie mich und meinte:
„Was für ein Wunder, hier oben auf dem Prayer Mountain treffen sich Weisse und Schwarze – und gehören alle zur selben Familie, zum selben HERRN!“
Hat mich sehr berührt – ihre Feststellung und ihre spürbare grosse Freude! Für mich ist es sehr spannend, noch eine andere Gemeinschaft afrikanischer Christen kennenzulernen, nimmt es mich doch wunder, ob das bisher Beobachtete vielleicht nur von Mitarbeitern innerhalb von „Vision for Africa“ Alltagsleben an Gottes Seite ist? Könnte ja sein.
Aber schon bald realisiere ich bei der Tischgemeinschaft oder in kürzeren Gesprächen mit Neuankömmlingen, dass auch auf sie zutrifft, was mir bisher bezüglich Leben mit Gott hier aufgefallen ist. Dieser Gott und Sein Wort ist einfach präsenter bei ihnen, viel weiter vorne, als ich es zuhause erlebe. Wir müssen wohl aufpassen, dass Gott und das, was wir von Ihm wissen, nicht zum Beigemüse unseres Alltagslebens, schon gar nicht zur netten Dekoration desselben entartet. So quasi: Ein bisschen Gott darf gerne noch dabei sein. Doch allzviel ist ungesund ...
Da treffe ich heute Morgen auf eine Afrikanerin, die gerade telefoniert und schnappe im Vorbeigehen auf, wie sie dem Telefonpartner sagt:
„Nimm das Wort von Gott und jenes vom Bösen und vergleiche ...“
Die andere Person muss grade in einer schwierigen Lage sein. Die Afrikanerin begegnet ihr direkt von dem her, was ihr kostbarster Schatz ist. Das, was ich zuhause immer wieder mit Sister aus Kenja erfahre. Reden wir über Dinge, die uns beschäftigen, ist bald die Bibel auf dem Tisch und Sister führt mich an diverse Bibelpassagen heran, die direkt mit dem zu tun haben, worüber wir uns unterhalten und meint: „Die Bibel sagt: ...“ Wir hüpfen von einer Bibelstelle zur andern und es kommt Licht rein in das, was uns beschäftigt hat. Wir werden ermutigt, gestärkt, befriedet. Wie es wohl auch hier, bei diesem Telefongespräch, dem ich nicht länger beiwohnte, der Fall war.
Vielleicht würde es bei uns in vergleichbarer Lage ungefähr so lauten:
„Jetzt nimm den Brief und geh damit zu deinem Chef und sag ihm ...“
Oder:
„Nun gehst du zur Apotheke, kaufst dir Neozitran und einen Hustensirup ...“
Ich meine ja nicht, dass zum Chef gehen und Medizin kaufen etwas Falsches seien. Mir fällt bloss immer wieder auf: Hier in Uganda sind diese für uns sehr logischen und allermeist ersten Schritte, wie zum Chef oder zur Apotheke gehen nicht die erste Wahl. Zuerst suchen sie eine Ermutigung, eine Orientierung oder Lösung auf dem Boden der Bibel. Sie suchen zuerst bei Gott und all Seinen Schätzen, Seinen endlosen Vorräten. So wie es zum Beispiel im Epheserbrief steht:
„Seht nun genau zu, wie ihr wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise! Kauft die rechte Zeit aus! Denn die Tage sind böse. Darum seid nicht töricht, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist! Und berauscht euch nicht mit Wein, worin Ausschweifung ist, sondern werdet voller Geist, indem ihr zueinander in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern redet und dem Herrn mit eurem Herzensingt und spielt! Sagt allezeit für alles dem Gott und Vater Dank im Namen unseres Herrn Jesus Christus!“
Epheser 5/15-21
Von diesem einander mit Psalmen, Lobliedern, geistlichen Liedern ermutigen und Gott mit dem Herzen singen und spielen – ja, davon wünsche ich mir unter uns Christen zuhause noch einiges mehr. Es möge selbstverständlicher werden, dass die Bibel in greifbarer Nähe liegt, selbstverständlicher, zusammen darin zu forschen, wo immer wir Fragen und Nöte haben. Aber aufgepasst: Ich meine nicht das einander Bibelverse um die Ohren schlagen, wenn jemand in Not ist. Weil wir die Not vielleicht nicht aushalten und dann das Gegenüber abspeisen mit einem einzigen Wort aus der Bibel, das uns passend scheint. Eines muss in solchen Lagen oft, viel zu oft herhalten, finde ich. So wahr es auch ist – es wirkt dann auf die betroffene Person in Not vielmehr wie eine Ohrfeige, als wie ein Segen, der stärkt:
„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten mitwirken.“ Römer 8/28
Nein, diese Abspeis-Methode meine ich ganz und gar nicht, wenn ich davon rede, wie stärkend es wäre, wenn es uns zuhause besser gelänge, uns gegenseitig mit all dem, was uns Gott an Vorräten und Schätzen in der Bibel anbietet, noch bewusster, natürlicher, häufiger und konkreter zu ermutigen und zu stärken. Hoffe sehr, darin gut verstanden zu werden.
Wie Epheser 5/15-21, besonders auch Vers 19, im Alltag ganz natürlich und so selbstverständlich gelebt wird, ja, das erlebe ich hier unter den bekennenden Christen Ugandas eindrücklich. Es ist ihr erster Schritt, ihre erste Wahl unterwegs mit Gott und Seinen Menschen, wenn etwas Schwieriges oder Unangenehmes in ihr Leben tritt.
Diese Reihenfolge, demzufolge Prioritätensetzung der afrikanischen Christen möchte ich mir neu aufs Herz schreiben. Kyrie eleison! Ich vermute sehr, dass mit der wachsenden Anzahl Möglichkeiten, Schwierigkeiten zu bewältigen und überwinden, wie es im westlichen Europa in Hülle und Fülle der Fall ist, sich bei uns die Prioritäten zu verschieben begonnen haben. Auf ganz vielen Lebensgebieten steht uns eine unüberschaubare Fülle an Möglichkeiten zur Verfügung, mit Schwierigem klarzukommen versuchen. Diese Fülle fehlt hier in Uganda zu einem grossen Teil. Weiss gar nicht, ob man darüber traurig oder dafür dankbar sein soll? Denn diese fehlende Fülle bewirkt bestimmt mit, dass die erste Anlaufstelle der afrikanischen Christen ihr Schöpfer ist. Mit dem zusammen sie viel erleben. Mehr als wir. Andrerseits ist wohl aus gleichem Grund Hexerei und ähnliche Abartigkeiten noch immer weit verbreitet hier.
So wird mein Wort sein, das aus meinem Mund hervorgeht. Es wird nicht leer zu mir zurückkehren, sondern es wird bewirken, was mir gefällt, und ausführen, wozu ich es gesandt haben.
Jesaja 55/11
Das ist nur möglich zu erleben, wenn die Bibel unser treuer Begleiter ist. Innerlich.
He's got the whole world:
Kommentar schreiben