Ja, das ist, wenn man in den Bergen wohnt, zur Weihnachtszeit DIE grosse Frage, die hier viele bewegt. Mit von Dennoch-Hoffnung getragener Sorge am meisten vielleicht all jene, die irgendwo im Wintertourismus tätig sind. Hoteldirektoren zum Beispiel. Skisport-Personal auch und andere mehr. Da geht es ums tägliche Brot, das irgendwie verdient werden muss - und zu welchem die weisse, flockige Masse nichts Geringes beitragen könnte. Doch wo bleibt sie?
Gewiss, auch viele Kinder im Unterland vermissen sie bestimmt, die weissen, federleichten und kleinsten Ballerinas der Welt, aus denen so herrliche Schneemänner, -frauen und -kinder modelliert werden könnten - wenn sie nur vom Himmel tanzten, die Milliarden Tänzer und Tänzerinnen. Vorläufig müssen wir alle Erinnerungen ausgraben aus Zeiten, in denen zumindest in den Bergen die weisse Pracht zur Weihnachtszeit etwas Helles, Glitzerndes und Klares vor unsere Augen und in unsere Herzen gezaubert hat. Etwas Geheimnisvolles, das an den grossen Frieden erinnert, den Jesus Christus mit seinem ersten Kommen, damals am ersten Christfest, zu uns gebracht hatte. Weiss - die Farbe des Friedens. Wer sehnt sich nicht danach? Draussen in der grossen, geschüttelten Welt genauso, wie in unseren kleinen Familienwelten, denen es oft genug an echtem Frieden mangelt.
Ich erinnere mich an eine zauberhafte Adventsgeschichte, die voller Schnee und weissem Frieden war, und sie begann so:
"Darf ich dich in der Weihnachtszeit mal zu einem Weihnachtsbummel im Städtchen einladen?", fragte ihr Sohn, "das würde mich sehr freuen!"
Sie traute ihren Ohren nicht. Was für eine berührende, liebe Idee! Ihr erwachsener Sohn will mit ihr durch die weihnächtlichen Strassen ziehn. Welche Ehre! Erst recht nach Jahren, die für beide nicht einfach waren. Und ob sie das wollte. Mit dieser Überraschung hätte sie wahrlich nicht gerechnet. Es war, als zöge weisser, weicher Friede in ihr Herz und sie sagte mit Freude zu.
Einige Tage später wurde sie abgeholt. Mit Sohnes erster Carozza. Ein herrliches Modell, wenn auch ziemlich schräg mittlerweilen, denn sie war bereits in die Jahre gekommen. Die Carozza. Okay, Mutter war auch nicht mehr die Jüngste. Und doch musste man sie, die Carozza, richtig liebhaben, mit all ihren Zimperleins. So ganz dicht war sie auch nicht mehr. Das textile Dach hatte ein paar Lücken zu verzeichnen, durch welche sich Schneeflocken mutig hindurchzwängten und sich keck auf der beiden Nasenspitzen setzten. Oh ja, in jenem Jahr schneite es, was das Herz begehrte! Ein richtiger Schneesturm veranlasste Mutters Chauffeur, sehr behutsam zu fahren. Carozzas "Finken" waren auch nicht frisch ab Presse.
Im Städtchen angekommen, stellte der Sohn seinen motorisierten Schlitten ab und zog mit der Eingeladenen gemütlich von Geschäft zu Geschäft. Da und dort hatte er oder sie noch einen Weihnachtseinkauf zu tätigen. "Was denkst du, würde Vater Freude machen ... ?" Oder: "Soll ich Tochter lieber dieses oder jenes Eau de toilette schenken?", fragten sie sich gegenseitig und schnupperten um die Wette, berieten sich fröhlich und genossen die gemeinsame Zeit und die adventliche Atmosphäre in den Strassen herzhaft. Sie fand es sehr feierlich. Vorfreude pur! Nein mehr noch: Wie ein riesiges Weihnachtsgeschenk, das unter keinem Weihnachtsbaum je Platz finden würde, dieser Ausflug - nur im eigenen Herzen. Für immer.
Es kam noch feierlicher. Als sich die beiden ihre Beine langsam müde getreten und die Füsse halbwegs abgefroren hatten, lud er sie zu ihrer Freude noch zum Zvieri zu MacDonalds ein. Ob er den hellen Stern gesehen hatte, der ihr just in diesem Augenblick das Gesicht erleuchtete? Und so stapften sie zufrieden durchs Flockendickicht, das sich mehr und mehr am Boden vermatschte, Richtung Mac Donalds. Wie gut es tat, bei diesem Schneegestöber an die Wärme zu kommen und etwas Heisses zu trinken. Er stiess für sie die schwere Türe auf. Natürlich wusste er, dass sie nicht gerade zu Mac Donalds Inventar zählte und fing ganz selbstverständlich sie ritterlich und beherzt zu beraten an. "So, wie ich dich kenne, magst du lieber ...", fing seine Beratung an. Und er kannte sie sehr gut. Wie gut ihr das tat. Er traf genau ihren Geschmack. Freude liess sie noch leichter werden, als sie bereits war.
Nach geglückter Bestellung setzten sich die beiden direkt ans Fenster an einen Barhockertisch und redeten über dies und das. Nichts Oberflächliches war Thema. Das Leben ist tief genug, wenn man nicht hindurcheilen will. Und sie beide hatten Zeit. Niemand im ganzen Mac hatte auch nur einen Hauch von Ahnung, wie sie sich fühlte, hier oben auf dem Barhocker, vis à vis von ihrem Sohn, der sie reicher beschenkte, als auch er wohl für möglich hielt. Sie wird es ihr Leben lang nicht vergessen. Noch behielt sie es für sich und freute sich still und tief himmelwärts! Ihr Blick fiel nach draussen. Es hatte eingedunkelt. Alles sah sehr weihnächtlich und friedvoll aus im lieblichen Flockengewand. Friede, der nach innen wuchs.
Irgendwann galt es dann doch an die Heimreise zu denken. Phuu, diese Strassenverhältnisse! Für herrlich-schräge Autos nichts wirklich Bekömmliches. Doch ihr Sohn nahm sich alle Zeit, seine gemütliche Carozza gesund und munter durch die glitschigen Strassen zu führen. "Weisst du", meinte er mit einem Oberton wohltuender Fürsorglichkeit, "etwas zu riskieren lohnt nicht. Ausserdem habe ich jetzt eine höhere Verantwortung als sonst, weil du ja neben mir sitzt ..."
STILLE NACHT, HEILIGE NACHT - irgendwie so kam ihr das alles vor. Und jetzt sagte sie es ihm auch:
"Weisst du was? Heute fühle ich mich wie die Königin unter allen Müttern der Welt ... DANKE!"
Song: Silent night, holy night
https://www.youtube.com/watch?v=nEH7_2c644Q
Kommentar schreiben