Unter wilden Tieren
Noch immer klingen sie nach, die intensiven Eindrücke aus dem riesigen Wildreservat „Murchison Falls“, direkt am grossen Nil. Ein Zoobesuch ist ein Klacks im Vergleich dazu. Elefanten, Antilopen, Wasserböcke, Wasserbüffel, Affen und Äffchen, Löwen, Giraffen, Nilpferde, Fetzen von Krokodilen und eine ausgewählte Schar wunderschöner Vögel in ihrer natürlichen Umgebung bestaunen und beobachten zu dürfen, war ein grossartiges Erlebnis für Gefährte und mich. Lieb’ ich auch zuhause sehr. Unvergesslich bleiben auch die allerliebsten Warzenschweine! Sobald sie zu rennen beginnen – und das tun sie sehr oft, nahezu galoppierend – schnellen ihre dünnen Schwänzchen, am guten Ende von einem Pinselchen geziert, in die Höhe. Pfeilgerade. Das ist ein Karawanenbild von ganz besonderer Note, das mich zum herzhaften Lachen bringt. Die ganze Familie, Schwein hinter Schweinchen, vom ältesten bis zum jüngsten Mitglied. Die hintersten Kerlchen hatten grade mal noch Meerschweinchengrösse ... Herrlichst, dieses Bild!
Etwas fiel uns bald auf hier: Viele dieser wildlebenden Tiere aus Gottes reichhaltiger Schöpfung waren einiges zahmer als jene im Heimatland. Wann immer wir mit unserem Auto angetuckert kamen, liessen sich die Tiere wenig stören. So blieben zum Beispiel Antilopen gefasst am Strassenrand stehen, schauten uns an und frassen dann gemütlich weiter, ohne auch nur einen Gedanken ans Fliehen zu verwenden, wo doch unsere Rehe, Hirschen, Hasen und anderes mehr, was uns bei gut Glück begegnet, beim leisesten Pieps ab durch die Büsche zischt. Etwas, was Tiere der Heimat bestens kennen, ist den wilden Tieren im grossen Reservat fremd: wissen nicht, was Jagdschüsse sind, welche Angst vor uns Menschen fördern. Ja, hier ist Jagdverbot, und darauf reagiert ganz offensichtlich auch die Tierseele mit berührendem Vertrauen oder Zutrauen. Durch diese Tatsache wurden wir mit ruhigem beobachten können beschenkt, was uns zum Staunen und geniessen brachte.
Einen Morgen lang verbrachte ich auf der malerischen Lodge am Nil damit, mit Vergnügen eine Affensippe zu studieren, die mich herzhaft zum Lachen brachte. Eine sehr junge Äffin hatte wohl erst kürzlich ihr erstes Affenbaby zur Welt gebracht. Zuzusehen, mit welcher Fürsorge sie es bedachte und vor den älteren Rowdies schützte, war eine helle Freude für mich.
Danach setzte ich mich, unweit des Nilufers, auf eine Bank und schaute in die wunderschöne, stille Weite des Reservats hinaus. Bald erblickte ich in der Ferne einen grossen Elefanten, der sich gerade gemächlich aus dem Busch wühlte und ganz bestimmt Durst hatte. Wenig später tummelte sich eine ganze Herde, von der er wohl der Anführer war, am Nilufer. Ihnen zuzusehen, erlebte ich ausgesprochen beruhigend. Sehr langsam und bedächtig trampelten sie sich mehr und mehr weiter vor, bis sie in den Genuss eines Morgenbades kamen. In ihrer Nähe gröhlten dann und wann die andern Kolosse: Nilpferde, die wie grosse und kleine Inseln aus dem Wasser schauten. Tauchten dann und wann auf und bald wieder unter. Ein beglückendes Schauspiel für mich. Nein, keins der rasenden Bilder. Wohl nichts für Menschen, die an schwindelerregende Tempi und 1000 wechselnde Bilder pro Minute gewöhnt sind. Würden dort draussen im Busch vermutlich schnell zu zappeln beginnen. Mindestens innerlich. „He Leute, hier läuft ja nix, ist ja nichts los“, stünde auf ihren Gesichtern wohl geschrieben. Doch die oft scheinbare Leere im Busch ist von viel Schönheit und Überraschung geprägt, die wir mit Freude entdecken gingen. Ja, wir waren auf der Jagd, mit unseren Augen, auch jenen des Herzens. Das war Freude pur! Und endlich ging mir hier am Nil auf, weshalb Nilpferde seit Jahrtausenden nicht Donau-Pferde genannt werden ... Dass Krokodile keine Krokonile sind, war mir dann nicht ganz logisch ... Das waren ja Riesendinger dort am Nil! Eins dieser Ungeheuer sonnte seinen riesigen, offenen Schlund ausdauernd in der prallen Sonne. Sah ganz schön ungemütlich aus. Nicht meine Lieblinge, die Krokodile, dennoch eindrücklich, das sehr wohl.
Über die Nilpferde haben wir etwas Spannendes erfahren: Wenn für die Mama die Zeit des Gebärens naht, setzt sie sich von der Herde ab. Sobald sie sich nach der Geburt des Geschlechts ihres Neugeborenen sicher ist, trifft sie eine Entscheidung: Ist ihr Junges ein Mädchen, kehrt sie wieder zur Familie zurück. Ist es aber ein Knabe, bleibt sie mit ihm zusammen der Herde so lange fern, bis sie dem Sohnemann zutraut, sich gegen seinen Vater wehren zu können. Eine Herde hat nur einen Bullen, und irgendwann muss einer weichen, wenn ein Sohn nachgerückt ist. Bedeutet Kampf.
Uganda ist mit einer zauberhaften Vogelwelt von rund 1000 Arten beschenkt! Zum ersten Mal begegneten wir dem bunt schillernden Bienenfresser und unterschiedlichen Arten von Eisvögeln. Ja richtig, Eisvögel schwirren hier fröhlich umher! Dass ihr Name rein nichts mit Eis zu tun haben kann, versteht man hier in Afrika zweifellos besser als in der Schweiz. Wir lieben sie, diese Vogelwelt! Als wir vor zwei Wochen hier nach Mitternacht ankamen, war es die Türkentaube, mein Liebling unter den Tauben, der uns, kaum aus dem Auto ausgestiegen, im Land of Hope lieblich gurrend herzlich willkommen hiess. War wie eine Umarmung für mich.
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