Gefährte und ich wurden kürzlich zu einer Veranstaltung eingeladen, an der die Frage bewegt wird: „Wieviel Mutter braucht ein Kind?“ Thema meiner grossen Leidenschaft! Deshalb freute ich mich sehr, als Gefährte davon erzählte. Bin sehr gespannt auf diesen Abend. Mir kam spontan Leo Tolstois Buch in den Sinn: "Wieviel Erde braucht ein Mensch?" Ein Buch, das im Wohnzimmerregal meiner Eltern stand, damals, vor vielen Jahren. Ja, eine Mutter ist wirklich sowas, wie fruchtbare Erde für ihren Nachwuchs ...
Gerade diese Woche hatte ich mit unserer älteren Pflegetochter Leseratte ein Gespräch zu diesem Thema. Wir hatten endlich wieder einmal für zwei Tage unbegrenzt Zeit füreinander. Tage der Beziehungspflege, die beiden so guttaten. Tage, an denen auch herzhaftes Lachen nicht zu kurz kam! Beim ausgedehnten Frühstück standen wir beide plötzlich mitten in der Frage, wie gut es kleinen Kindern tut, oder eben nicht, wenn Mama nach der Geburt so schnell wie möglich wieder arbeiten geht? Sehr oft hört man das vordergründig ziemlich einleuchtende Argument:
Wenn es der Mutter durch Berufsausübung besser geht, ja, wenn sie dadurch ausgeglichener ist, als ohne diese Tätigkeit, dann tut das auch dem Kind gut.
Mir scheint, dass hier das Pferd, wie so oft in wichtigen Themen, am falschen Ende aufgezäumt wird und darüber sprachen Leseratte und ich zusammen.
Geht es nicht primär darum zu fragen, was das Kind braucht, wenn man sich dazu entschieden hat, Mutter zu werden? Und könnte es nicht auch umgekehrt sein: Wenn es dem Kind gut geht, dann geht es auch der Mutter gut?
Wenn Frau sich eingehend darum dreht, was sie braucht, um dann mal das Muttersein verkraften zu können, dann bleibt für mich an der Wurzel fraglich, ob sie sich überhaupt aufs Muttersein einlassen sollte? Mutterschaft ist, so verstehe ich es schon lange, für ein paar Jahre eine Vollzeit-Aufgabe. Die Jahre, in denen dann auch wieder anderes besser drinliegt, die kommen schon! Aber nicht am Anfang des gemeinsamen Unterwegsseins. Deshalb geht es weniger darum nachzudenken, was Mutter braucht, als vielmehr oder primär darum, was das anvertraute Kind braucht, um sich erfreulich entwickeln zu können. Körperlich, seelisch, geistig. Wollen wir Mütter von heute wirklich wissen, was das Kind in seinen ersten Lebensjahren wirklich dringend braucht, um durchschnittlich gut gedeihen zu können? Oder interessiert uns vielmehr, wie wir es regeln könnten, damit wir trotz Mutterschaft auf so wenig wie möglich Gehabtes verzichten müssen? Wenn das der Fall ist – das darf ja sein – dann rate ich sehr von Mutterschaft ab. Ein Kind ist weder ein Projekt, noch eine Nebenbeschäftigung, auch keine Altersvorsorge. Was ist es dann?
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Ein Kind ist ein wunderbar geschaffenes neues und geheimnisvolles Leben am Werden
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Es ist die kostbarste irdische Gabe auf Zeit – mit der gleichzeitig die
höchste irdische Auf-Gabe verbunden ist. Es zu begleiten ist ein Bauen an der Zukunft unserer Gesellschaft.
- Es ist ein atemberaubender Fingerabdruck des Schöpfers, das auf Ihn hinweist und den es kein zweites Mal gibt.
- Und es ist ein neuer Erdenbürger, der total hilflos geboren wird und daher eine Weile durch und durch angewiesen auf andere ist. Zuvorderst auf seine Eltern. Bleibt es allein, verendet es.
Ja, das Baby ist darauf angewiesen, dass zuallererst seine Mutter in treuer Fürsorge und Hingabe seine körperlichen, seelischen und geistigen Bedürfnisse erstens kennt und zweitens gut genug stillt. In dem Sinne gut genug, auf dass das Kind seine körperlichen, seelischen und geistigen Gaben und Grenzen immer besser kennenlernt und seine Gaben schrittweise entfaltet, damit es später in seine ihm entsprechenden Lebensaufgaben hineinwachsen kann.
Es ist eine irrige Meinung, eine grosse Lüge des Zeitgeistes, dass es keine
Rolle spielt, wer denn diese treue Versorgung des Neugeborenen übernimmt. Hauptsache jemand oder auch viele Jemands. Nein, wer so denkt, geht einer grossen Lüge auf den Leim und weiss nicht, dass
für das Neugeborene mindestens bis zur Zweijährigkeit die Trennung von der Mutter – partiell oder auch ganz – tiefe Wunden in der Seele des Kindes hinterlässt, die sehr, sehr schwerlich zu
reparieren sind. Solche Trennung erschwert die Bindungsfähigkeit des Kindes an die Mutter sehr, weil es tief verunsichert wurde. Als Mutter von angenommenen Kindern wurde mir das vielfach und
klar bestätigt. Über den Himmel haben Gefährte und ich viel Hoffnung für unsere geliebten Fremdlinge. Ohne den Himmel aber kaum eine Spur.
Ich bin überzeugt, dass Gott sich das Aufwachsen eines Babys in enger
Gemeinschaft mit der Mutter, die von ihrem Mann liebevoll gestützt und unterstützt wird, gedacht hat. Je älter das Baby ist, desto gewichtiger ist auch die Rolle und direkte Beziehung des Vaters
zu ihm. Am Lebensanfang aber kann das Baby viel besser auf den Vater verzichten als auf seine Mutter. Ist auch einsichtig weshalb: Der Vater ist nicht sein Urvertrauter, wenngleich er das Baby
gezeugt hat. Verbunden war es ab Zeugung ganz eng mit der Mutter. Es hat eine meist neunmonatige intra-uterine Geschichte mir ihr, kennt ihre Stimme, ihren Geruch, ihre
Reaktionen in unterschiedlichen Situationen und anderes mehr. Mutter ist DIE Vertraute des Babys, welche an der Basis seines Lebens so gut wie unverzichtbar ist, wenn es seelisch durchschnittlich
gesund beliben soll. Allein schon die Tatsache, dass nun mal bei seiner leiblichen Mutter – nicht bei der Erzieherin in der KITA, auch nicht bei der besten Freundin, ja nicht mal beim leiblichen
Vater – Milch aus den Brustwarzen fliesst, gibt uns den unmissverständlichen Hinweis dafür, dass die Mutter dringend zum neugeborenen Kind gehört. Ja, für ein paar wenige Jahre des Lebens hat
Gott sich das so ausgedacht und für alles Nötige vorgesorgt: Mama gehört primär zum Kind. Mama ist das Land, in dem Milch, wenn auch nicht noch Honig fliesst. Das entspricht
seinem Willen, seinem Plan. - Leben könnte so einfach zu gestalten sein, wenn wir das auf leise Weise
Richtungsweisende wahrnehmen würden. Es ist noch immer da, reichlich. Nur übersehen oder überhören wir es so leicht.
Das will ich unbedingt bedacht und erwähnt haben: Es ist eine nackte Tatsache, dass das Leben immer wieder verrückt spielt, sodass dieser gute und weise Plan nicht in jedem Fall wie ursprünglich gedacht berücksichtigt werden kann. Dafür habe ich viel Verständnis. Zum Beispiel, wenn eine Mutter kurz nach der Geburt einen Unfall hat und ins Krankenhaus muss. Im Extremall, wenn sie stirbt. Oder wenn das Kind an einer Behinderung oder Krankheit leidet und in den ersten Lebenswochen im Krankenhaus bleiben muss. Auch die vielen Alleinerziehenden möchte ich sehr entlasten. Sie können das Unmögliche nicht möglich machen! Sie müssen sich ihren Lebensunterhalt verdienen gehen und müssen meist nach einer anderen Betreuerlösung suchen. Unzählige Beispiele unerwünschter Lebensereignisse und Lebenssituationen gibt es, die verhindern, dem ursprünglichen guten Plan unseres Erfinders folgen zu können. Was dann? Ich glaube, dann geht es jedes Mal darum:
„Welche Betreuungsmöglichkeit kommt in diesen erschwerten
Umständen der ursprünglich erdachten am nächsten?“ So zu überlegen und zu handeln ist in solchen Umständen ohne Zweifel verantwortungsvoll, obwohl das ideale Aufwachsen des
anvertrauten Kindes nicht möglich ist. Ich nehme aber seit geraumer Zeit wahr, dass viele Mütter von heute, deren Umstände nicht gegen das bestmögliche Aufwachsen ihres Kindes sprechen, keine
Bereitschaft zum beruflichen Verzicht aufbringen können oder wollen. Mütter und Väter, die glauben, die KITA sei ein guter Ersatz für Mama. Das ist wahrlich eine dicke Lüge - und die Konsequenzen
davon, dass sie von vielen geglaubt wird, werden wir als Gesellschaft noch ernten, sofern wir nicht schon eine Weile dabei sind.
Nur weil wir im Zeitalter der 100'000 Möglichkeiten, u.a. der
Gefrierschränke und Milchpumpe leben, heisst das noch lange nicht: Bahn frei für Mutterschaft plus Beruf! Heisst es noch lange nicht, dass sich das Baby genausogut mit
Gefrierschrankmilch aus der Schoppenflasche, die ihm irgendwer unter die Nase streckt, arrangieren kann, wie es der modernen Mutter möglich ist. Damit rede ich nicht gegen Gefrierschränke und
Milchapumpen. Es ist gut, dass wir sie haben. Fragt sich bloss, wann sie wozu zur Anwendung kommen sollen? Das, was uns heute mal rein technisch möglich ist, ist fürs heranwachsende Baby eben
nicht die ultimativ entwicklungsfördernde Möglichkeit! Es sehnt sich tief nach seiner Vertrauten, sehnt sich nach Beziehung, nach ihrer Verlässlichkeit und Zuverlässigkeit, nach ihrer Treue und
Fürsorge, nach ihrem Dasein, auch beim Milchtrinken zum Beispiel. Mutter ist des Babys Sicherheit. Oder sollte es so gut wie möglich sein. Entzieht sich die Mutter immer wieder für Stunden dem
Baby, weil sie arbeiten geht, das Kind irgendwo in einer Krippe abgibt, es gestresst nach langer Zeit wieder abholt, schlägt das in der sehr verletzlichen Kinderseele nicht selten grosse
Lebenswunden. Beim einen Kind grössere, beim anderen etwas geringere. Diese Stunden des Vermissens sind für das Baby halbe Ewigkeiten, die es oft in Angst, mindestens grosser innerer Unsicherheit
darüber, ob Mutter wieder kommt, zubringt. Es fängt an seinem Wert zu zweifeln an, alles im später nicht abrufbaren Bereich der Seele: „Bin ich nicht gut genug, dass Mutter mich verlässt? Hat sie
mich wirklich lieb oder bin ich gar nicht liebenswert? Hat sie keine Freude an mir?“ Und irgendwann, schon in den ersten Lebensmonaten, nisten sich im Kind diese Fragen als Antworten ein: „Ich
bin nicht wertvoll, ich bin nicht liebenswert, ich bin nicht willkommen, ich störe.“ Dass das lauter Lügen sind, wird das Kind im guten Fall erkennen und begreifen, wenn es erwachsen ist. Solche
schiefen Fundamente sind meist prägend fürs Leben. Um in der Computersprache zu reden: Dieses Selbstverständnis des Babys ist dann die
Prägung seiner Festplatte. Softwäre lässt sich gut wieder auswechseln. Die Festplatte aber bestimmt lebenslang das gesamte Gerät. Lohnt sich das, eifrig am Beruf festzuhalten und dabei zu
riskieren, dass die Seele des anvertrauten Kindes seelisch grossen Schaden leidet? Oder bringen wir es ganz neu fertig, die Vorschuljahre unserer Kinder als das Gold in ihrer Entwicklung und des
gemeinsamen Unterwegsseins zu betrachten, die uns unseren ganzen Einsatz zugunsten solider Seelenfundamente bei unserem Nachwuchs wert sind? Das ist übrigens gleichzeitig für die
Gesellschaft und sogar Wirtschaft gedacht. Hat doch grosse Auswirkungen, wenn wir einigermassen seelisch gesunde, innerlich sichere Kinder ins Leben entlassen - oder das Gegenteil.
Was sind schon ein paar Jahre lohnender Verzicht im Vergleich zur ganzen
Bandbreite Leben? Wenn wir ziemlich gesunde und starke Kinder, obendrein eine einigermassen soziale und starke Gesellschaft wollen, dann müssen wir es wohl neu lernen, uns nach jenen
Gesetzmässigkeiten zu richten, welche dies am ehesten gewährleisten. Unser Schöpfer gibt uns allein in der Biologie eine ganze Menge brauchbarer Hinweise gelingenden Lebens.
Darüber denke ich dann und wann nach:
Wer hat je eine Katzenmama erlebt, die nach der Geburt zu Frau Nachbarin eilte, um ihr mitzuteilen: "Liebe Frau Nachbarin, ich werde dieses Jahr an der "OLYMPIADE im Feldmaus-Fangen" teilnehmen. Muss jeden Morgen, sogar noch nachts aufs Feld zum Training ... Könntest du vielleicht derweil für meine Neugeborenen sorgen?"
Katzen, ja Tiere überhaupt gehen nicht dem Zeitgeist der Menschen auf den
Leim. Sie haben dazu zu wenig Verstand, den der verständige Mensch vielleicht zu oft unverständig einsetzt? Doch gerade an Katzenmamas treuer Fürsorge für ihre Jungmannschaft z.B. könnten wir
Menschen noch immer erkennen und ablesen, wie Gott sich das Aufziehen unserer Kinder in etwa gedacht haben könnte. Ja, alles Gute und Richtungsweisende liegt noch immer vielfältig vor unseren
Augen. Wir müssen es wohl ganz neu entdecken und lesen lernen. Ich wünsche uns allen immer klarer sehende Herzensaugen. Unsere einmaligen Kleinen, die im Herzen gross werden sollen, sind das mehr
als wert.
Nun bin ich gespannt, was ich an der Veranstaltung "Wieviel Mutter braucht
ein Kind" dazulernen werde? Meine bisher knappe Antwort auf diese Frage: "Je jünger, desto mehr!" Obwohl, es gibt auch in den Teengerjahren, ja sogar später, durchaus Phasen, in denen sie auf
andere Weise wieder ganz viel Mutter und dann auch ganz viel Vater nötig haben.
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Von Regula Lehmann (Mitarbeiterin von www.zukunft-ch.ch) ein Interview zum Thema:
www.lifechannel.ch/de/Glauben-entdecken/Leben-im-Alltag/Zoom/Wie-Kinder-bindungsfaehig-werden
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