Wer kennt ihn nicht, diesen urvertrauten Kreislauf des Lebens? Es vergeht im Grunde kein Tag, an welchem wir nicht durch unser Reden oder Schweigen auf der einen Seite manch Gutes wirken, das ist ein "seliger Kreislauf" – andrerseits aber genauso oft einiges "verkacheln", sodass wir an irgendeinem Menschen oder einer Gruppe von Menschen unseres Umfelds schuldig werden. Das ist ein "unseliger Kreislauf des Lebens", der einiges mehr zu überdenken und zu tun gibt - der aber durchaus nicht unselig enden muss. Hunderttausend Möglichkeiten gibt’s für beide Optionen. Beide Kreisläufe zählen zu unserem täglichen Leben und zu unserem Wesen. Wir sind alles fehlbare Menschen, die trotz viel guten Willens immer wieder verträgliche Grenzen eines anderen überschreiten.
Letzten Monat machte ich mit dem unseligen „Kreislauf des Lebens" eine eindrückliche und schliesslich selige Erfahrung, die wohltuend nachklingt in mir. Es handelt sich um eine wunderbare Fortsetzung nach einer persönlichen Bauchlandung. Und weil dieses jüngste Erlebnis sehr ermutigend ist, will ich es hier teilen. Natürlich hoffe ich, dass die Ermutigung Flügel bekommt - und in die Herzen meiner Leser fliegt!
Ich war in diesem Frühjahr eines Morgens wieder mal im Gespräch mit meinem Erfinder und trug ihm auf, mir doch zu zeigen, ob und was es wo innerlich und vielleicht auch äusserlich noch aufzuräumen gäbe. Solche Aufräum-Aktionen machen einen stets leichter, als man davor war! Und klar: Auf solche Einladungen geht mein Erfinder allermeist ohne jeden Verzug ein. Sehr gerne sogar! Denn eine seiner grossen Leidenschaften, für die Er vor 2000 Jahren auch genug gelitten hatte, ist: UNS ZU ENTLASTEN und von innen heraus immer mehr zu heilen. Anders gesagt, wieder ganzer zu machen. Ja, und so machte er mich liebevoll und klar auf eine schiefe Herzenshaltung einem Team gegenüber aufmerksam, mit dem ich nicht die einfachste Etappe hinter mir hatte. Nach über 60 Lebensjahren weiss ich zwar, dass solche Erfahrungen nichts Aussergewöhnliches sind. Wachstums-Chancen auch. Doch die entscheidende Frage, ob Wachstum möglich wird, bleibt immer die:
Wie gehe ich mit solchen Erfahrungen um?
Auch dann, wenn ich mit meinen Gedanken an die herausfordernde Etappe ganz alleine bin. Wie, wenn ich in Gegenwart anderer Menschen, mit denen ich dann und wann über diese schwierigen Erfahrungen rede? Ich rede von Punkt 1 in der Kreislauf-Liste. Und da versagte ich, da traten dann an diesem Morgen keine Lorbeeren für mich zu Tage! Nicht das Bequemste ... und doch: bei Licht besehen, das Beste, was mir passieren konnte! So bekam ich ja die Chance, eine kleine "Mess" aufzuräumen und stand schon bald am Punkt 2 im „unseligen Kreislauf des Lebens“: schuldig werden. Das hatte ich eingesehen. Nun musste ich eine Entscheidung treffen, welche den weiteren Verlauf des unseligen Kreislaufes wesentlich mitbestimmen würde. Mindestens zwei Möglichkeiten stehen einem in solchen Situationen stets zur Auswahl, eine selige und eine unselige:
- Ein Schuldbekenntnis an richtiger Stelle – oder eine "plausible" Schönfärbung wie z.B.:
- "Ach, das ist ja nicht der Rede wert ... und überhaupt, die haben doch auch ... Ganz sicher: wenn die sich besser ... dann hätte ich auch nicht ..." etc.
Letzteres ist der urähni-alte „Adam-und Eva-Effekt“, der nichts anderes ins Auge fasst, als eigene Schuld auf andere abzuwälzen. Das ist leider noch immer nicht auf der roten Liste aussterbender Lebenshaltungen anzutreffen ...!
Erinnern wir uns an die Zeit im Garten Eden (1. Mose 3): Adam schob die Schuld des Ungehorsams gegenüber Gott locker seiner Frau Gemahlin zu, nachdem er tüchtig in die verbotene Frucht gebissen hatte. Wohlverstanden ER biss mit seinen eigenen Zähnen hinein, und dadurch ein Stück weit auch ins Gras, wie sich dann herausstellte – und er WUSSTE, dass es die partout falsche Frucht war, in die er biss! Ja also, wenn sein benebeltes Frauenzimmer so vernünftig wie er gewesen wäre, ihn mindestens vorgewarnt hätte etc., etc. – stünde er noch immer mit reiner Weste da! Das war ja sowas von unfair von seiner "besseren" Hälfte!
Eva schnitt nicht besser ab. Sie schob zwar die Schuld nicht auf ihren Liebsten zurück, das wäre ihr doch etwas zu plump gewesen. Und da war ja noch die Schlange, das freche Biest! Also, was erfrechte sich dieses miese Tier, sie so lange mit jeder möglichen „Verführungs-Masche“ zu bezirzen, bis man einfach gar nicht mehr anders konnte, als ihr zu glauben, ohne diese Frucht würde gar nix gehen im Leben! Ja richtig: die Schlange hatte völlig versagt! Nein, die arme Eva hatte keine andere Wahl, als dem Druck des Kriechtiers nachzugeben ...
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Irgendwie erstaunlich, dass sich dieses ur-uralte Prinzip, mit Schuld fertig werden zu wollen, unter uns Menschen auch nach Jahrtausenden noch sooo gut bewährt! Das heisst, bewÄhren tut sich da gar nichts! Wir bewAhren es bloss noch immer – uns allen zum grossen Schaden, wie man weltweit mitbekommen kann. Aber Hand aufs Herz:
Leben wird nirgends einfacher als dort, wo jeder und jede herzhaft danach bestrebt ist, in irgendeiner Streit- und Konfliktlage den eigenen Versagens-Anteil zu erkennen und ihn an richtiger Stelle zu bekennen, um schliesslich um Vergebung bitten zu können. Vor Menschen genauso, wie vor unserem Erfinder.
Wer sich dazu durchringen kann, hat bereits Punkt 3 hinter sich gelassen! Wow, damit ist schon viel Wertvolles geschafft! Das Wichtigste wohl. Denn nur auf diese Weise stossen wir im "unseligen Kreislauf des Lebens" bis zum seligen Punkt 4 vor. Ansonsten bleiben wir verbissen und irgendwann auch verbittert bei Punkt 2 stecken - und berauben uns selbst der Chance weiterzureifen. Viele davon Betroffene hängen in der Opferrolle fest, was ein überaus erdrückender, freudloser Ort ist.
Ich entschied mich also herzhaft gegen Adams Vorbild und Empfehlung, ganz egal, wieviel Prozent Schuld vielleicht auch auf der Seite jener lag, an denen ich schuldig geworden war. Das Einzige, was es für mich zu tun gab war, meinen Schuld-Anteil vor Gott und Menschen transparent zu machen und so viel an mir lag, in Ordnung zu bringen. Das ist der unbeschreiblich wichtige Punkt 3 in der Liste, wo wir so leicht versucht sind, uns dran vorbei zu drücken. Natürlich, ich konnte nicht im Voraus wissen, ob mir jene, an denen ich versagte, dann auch vergeben würden. Dieses Risiko bleibt bei jedem Schuldbekenntnis, das wir vor Menschen wagen, bestehen. Wer weiss, vielleicht hält uns diese Unsicherheit viel zu oft davon ab, zur sinnvollen Tat zu schreiten? Ja, Menschen sind nicht immer in der Lage, uns unser Versagen zu verzeihen. Das ist sehr wahr und kann viele Gründe haben. Gott aber vergibt uns immer und alles, was wir vor Ihn bringen und bereuen. Nie mehr wird Er fortan dran denken. Egal, wie gross oder klein die bekannte Schuld auch war. Keine einzige Schuld trägt Er uns nach. Nicht einen Meter weit. Dass wir nach unserem Bekenntnis federleicht weiterziehen, ist seine allergrösste Freude!
Natürlich war ich gespannt, wie die Empfänger meines Schuldbekenntnisses reagieren würden? Ist Vergebung vielleicht nur den einen im Team möglich, anderen nicht? Wollen sie vielleicht, dass ich zu einem Gespräch antrete? Kommt die Bitte schräg an? Aber nein, nichts dergleichen! Ich empfing von jedem Teammitglied ohne jeden Vorbehalt volle Vergebung zugesprochen, was eine grosse Freude in mir auslöste! Sie hätten sich über meinen Brief gefreut, las ich in ihrer Antwort ... Es gibt also Situationen, in denen von Schuld die Rede ist, in denen man sich freuen kann - trotz auf den Tisch gelegten Versagens! Diese Freude erwies sich tiefer und grösser, als ich es mir im Voraus vorstellen konnte! Noch immer bin ich dabei, mich an den köstlichen Früchten von „Schuld erkennen – Schuld bekennen – um Vergebung bitten – Vergebung empfangen“ zu erfreuen, und ich stelle kostbare Veränderungen in meiner Beziehung zum Team fest! Gnade.
Auch wenn es nach dem Schuld bekennen nicht in jedem Fall so ideal verläuft wie hier beschrieben, möchte ich diese Spur weiterhin verfolgen. Lohnt sich in jedem Fall. Denn vor Gott kommen unsere Fehler immer in vollständige Ordnung, wenn wir sie ihm bringen. Das ist entscheidender, als ob Menschen, die wir um Vergebung bitten werden, uns auch vergeben können.
Soviel ist sicher: Wer um Vergebung bittet, ist danach immer ein Freier; ein von Schuld Befreiter. Durch Gott. Das ist das "Match-Entscheidende", welches in uns Befreiung und inneres Wachstum wirkt. Wer nicht vergeben kann, bleibt ein Gefangener seiner Unbereitschaft zu vergeben. Meist auch ein Gefangener seiner verdrängten Schuldanteile. Das ist so sehr schade. Denn Leben wäre wirklich leichter und einiges unkomplizierter zu haben, wenn uns das Eingestehen persönlicher Schuld leichter fallen würde.
In Punkt 5 geht es schliesslich noch um die Versöhnung. Das ist das, was sich letztlich jeder Mensch in seinen gebrochenen Beziehungen zutiefst wünscht. Versöhnung hat mit innerem Frieden auf zwei Beziehungs-Seiten zu tun. Ein Friede, der kaputte Beziehungen neu möglich machen kann. Dabei geht es nicht darum, wie wir Menschen uns eine konkrete Versöhnung vorstellen, im Sinne von: "Na, wenn der andere endlich mal ... dann wäre ich bereit zu Versöhnung. Wenn er nur endlich begreifen würde, dass mich viel weniger Schuld trifft ... !" Da lässt der alte Adam grüssen! Versöhnung hat ihr ganz eigenes Gesetz oder Programm. Sie kann auch nie erzwungen oder befohlen werden. Versöhnung ist auf die Willigkeit und Bereitschaft beider Konfliktpartner angewiesen, den eigenen Anteil am Konflikt ungeschminkt auf den Tisch zu legen. Wenn das nur einer Seite gelingt, ist Versöhnung schlicht unmöglich, weil jene Seite, welche am eigenen Anteil vorbeisieht, noch immer die Faust im Sack macht, in dem durchaus ein Sackmesser liegen kann, anstatt dass man seinem Gegenüber die Hand reicht. Auf Augenhöhe. Denn keiner kann sich rühmen, in der Schuldfrage besser als der andere zu sein. Schuld bleibt Schuld, egal wie gross oder klein sie in unseren Menschenaugen auch sein mag. Es ist auch völlig unwichtig, wie oft der eine und wie wenig der andere schuldig wurde. Wichtig ist nur eines: zu dem stehen lernen, was auf unserer Seite verkehrt lief. Mir kommt in den Sinn, was Jesus zu den Gelehrten sagte, als sie eine Frau wegen Ehebruchs steinigen wollten: "Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein." (Johannes 8/7) Er sagte nicht: "Wer von euch weniger Schuld hat, als diese Frau ..." Eindrücklich.
Es bleibt für alle Zeit so: Gott streckt uns Seine Hand ohne Unterbruch entgegen - allzeit bereit, uns neu zu befrieden! Der grosse Unterschied zu uns Menschen, die wir so gern die Faust machen. Gott ist längst verSÖHNt mit uns. Und das hat mit dem Opfer Seines SOHNes zu tun. Gott wartet in grosser Geduld auf unser bewusstes Ja zu Seinem unwiderruflichen Angebot, das grösser nicht sein könnte! Was für ein unermesslich grosses Geschenk! Versöhnung mit Menschen ist nicht immer möglich. Versöhntsein mit Gott jederzeit. Was für eine Gnade!
Wenn wir behaupten, sündlos zu sein, betrügen wir uns selbst. Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, dann erweist sich Gott als treu und gerecht: Er wird unsere Sünden vergeben und uns von ALLEM Bösen reinigen.
1. Johannes 1/8-9 (Hoffnung für Alle)
Eigentlich einfach, sich nur um den eigenen tüchtigen Biss in die falsche Frucht kümmern zu müssen, nicht wahr? Dann lasst uns Gutes tun und nicht müde darin werden! Soviel an mir liegt, will ich im unseligen Kreislauf des Lebens stets bis und mit Punkt 5 vorrücken. Nur, ganz alles liegt nicht an mir.
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